Musik die berührt!
Die Gäste im voll besetzten Saal des Boschnhauses, charmant als Vagener Goldbach-Philharmonie betitelt, wurden vom Klarinettenquartett ClariMotion mit dem prachtvollen Stück von G.F. Händel Ankunft der Königin von Saba quasi als königliches Publikum hereingeleitet ins diesjährige Sylvester-Konzert.
Was im letzten Jahr als Premiere veranstaltet und wegen Überbuchung spontan wiederholt wurde, könnte – so der Moderator Markus Eham – zur Tradition werden.
Das Ensemble ClariMotion und das Vokalsextett ConSonantes mit Agnes Meixner, Judith Müller, Florian Mayr, Bernhard Schönlinner, Markus Eham und Regina Schuller am Klavier, haben am Vorabend zum Jahreswechsel ein musikalisches Menü in drei Gängen vorbereitet:
I. Weihnachtsklänge, II. Sylvesterzauber, III. Ins Neue Jahr.
Der Klang von Weihnachten stimmt in lichtarmer Zeit ein auf Hoffnung, die in einem Kind berührbar wurde mit Haut und Haar, die unter die Haut gehen will. „Christnacht“ von Florian Mayr und der Liedsatz Quem pastores laudavere von Carl Loewe, ließen zu Beginn dieses Berührtsein klangvoll spürbar werden.
Nach Valentin Rathgebers Aria Pastorella und dem Weihnachtsmenuett von Georg Obermüller, als Einheit stimmungsvoll vorgetragen von den vier Klarinettisten, ging man im Klang-Menü weiter zum Sylvester-Zauber: Zum Jahreswechsel gehören traditionell auch magische Bräuche wie Raunacht, Böller, Bleiguss - offenbar Ausdruck einer tiefsitzenden menschlichen Sehnsucht, nämlich das, was wir nicht in der Hand haben, die Zukunft, das Schicksal, in den Griff bekommen, oder wenigstens günstig beeinflussen zu wollen. Die Musik, so der Moderator, bedient sich dagegen eines subtileren Zaubers: Man kann durch sie ganz bei sich sein und zugleich über sich hinaus gehen; ganz da sein und zugleich hin und weg! Musik beflügelt die Phantasie, den Möglichkeitssinn. Sie öffnet das hier und jetzt als Raum der Begegnung mit dem Unerwarteten, mitten im Alltag. Davon erzählten auch die darauf folgenden Songs und Stücke:
Zum Tanze da geht ein Mädel, ein Volkslied aus Schweden, Ching-a-ring Chaw von Aaron Copland - eine mitreißende musikalische Kutschfahrt ins Gelobte Land und schließlich Blue moon von Richard Rodgers: Weich und swingend elegant eröffnet und begleitet von den Klarinetten, hat das Vokalsextett mit gefühlvollem sound die verwandelnde Kraft der Liebe besungen.
Mit Aragonaise und Habanera aus der Oper Carmen von Georges Bizet leiteten Brigitte Hafner, Christian Lang, Reinhard Hausner und Hans Eham mit zauberhafter Tanzmusik über in den 3.Teil, „Ins Neue Jahr“: Wen mag angesichts der Weltlage nicht Bangigkeit an dieser Zeitschwelle begleiten? Umso mehr braucht es Hoffnungskraft und Inspiration, die überlebenswichtige Werte speisen wie Solidarität, Gerechtigkeit und ein Wachstum hinein in ein für alle gutes Leben entstehen lassen, so der Neujahrswunsch des Moderators. So sollte als dritte Zutat zum musikalischen Menü ein gerüttelt Maß an Zuversicht gemischt werden.
Der Neujahrshymnus, ein Jugendwerk von Hans Leitner, dem vormaligen Münchner Domorganisten, bringt diese kindlich-zart und kraftvoll zugleich zum Klingen. Und in Eduard Mörikes Text möchte man dabei die universale Weltvernunft anrufen: „Lenk du und wende - Dir in die Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt!“
Zuversicht war auch der Grundton des nächsten Liedes „Vertraut den neuen Wegen“ von Heinz Martin Lonquich. Klaus Peter Hertzsch hat den Text noch in der DDR als Gedicht zu einer Hochzeit verfasst - kurz darauf fiel die Mauer!
Markus Eham hat das Lied in einer fein instrumentierten Bearbeitung für Chor und 4 Klarinetten arrangiert. Agnes Meixner, Sopran, und Brigitte Hafner, Soloklarinette, intonierten klangschön mit weichem Pianissimo eine Überstimme zum Chor und zu dem transparent geführten Instrumentalsatz.
Mit dem Quartett in F-Dur von Carl Böhm, einem Originalwerk für 4 Klarinetten, leitete ClariMotion in einer virtuosen Interpretation über zum Schlusslied O du stille Zeit von Cesar Bresgen. In einem bewegenden Vortrag des Arrangements für Chor und Klarinettenquartett von Max bzw. Markus Eham verabschiedeten sich die Ensembles mit dem Wunsch, dass die Zutaten ihres musikalischen Sylvestermenüs dem neuen Jahr ihre Geschmacksnote geben mögen:
- Offenheit für das, was berühren, nahe kommen will,
- Wachheit für überraschende Begegnungen und Bewegungen,
- und in allem die Kraft der Zuversicht.
Das Publikum dankte begeistert mit „königlichem“ Applaus.
Text: H. Eham, Foto: Rösel